Kunst der Freundschaft

"Meine Sammlung an Stickarbeiten geht auf eine Zeit zurück, in der Kunst und Handwerk (craft) strikt getrennt waren. Gleichwohl handelt es sich um Stücke einer traditionellen Kunstfertigkeit, die zu ihrer Zeit allerdings nur in privaten Räumen zu sehen waren. In der Sammlung befinden sich Stickarbeiten im Kreuz-, Stiel-, Platt-, Ajour-Stich, im Gobelin- und Petit Point-Stil, Hohlsaumstickereien, Filet-Arbeiten usw.

Diese Art von Handarbeit wurde traditionell von Frauen gefertigt. Bereits in der Schule wurden die Mädchen mit den entsprechenden Techniken vertraut gemacht. Später arbeiteten sie gegebenenfalls im Angestelltenverhältnis in Manufakturgeschäften. Die sogenannte 'gehobene Tochter' - mit ausreichendem Talent - bestickte hingegen die eigene Aussteuer. Diese beiden Produktionsumgebungen ('für sich selbst' oder 'für andere') waren also eng mit dem Problem der sozialen Schicht verknüpft.

Dass die Profession der Hausfrau in unserer Gegenwart ihre vormalige Bedeutung eingebüßt hat, steht außer Frage. Ich möchte mich an dieser Stelle mit dem Urteil darüber, ob dies wünschenswert oder bedauerlich ist, zurückhalten. Für die jungen Frauen ist es fraglos von Vorteil, ökonomisch auf eigenen Beinen zu stehen. Aber es ist durchaus bemerkenswert, dass dies zu einem Zeitpunkt geschieht, an dem die frühere Bedeutung des Berufs der Hausfrau wegrationalisiert worden ist. In diesem Zusammenhang hat sich auch das Gewebe der Familie gelockert. Es ist zu erwarten, dass die Entwicklung der Kinder anders verlaufen wird als früher, und es bleibt zu hoffen, dass die kommenden Generationen nicht in ökonomischen Zwängen ersticken."

M.L.H.